Jana Berthold: Brücke oder Kluft? Eine Bestandsaufnahme grenzüberschreitender Kontakte und Kooperationsbeziehungen zwischen Böhmen und Sachsen im Gebiet der Euroregion Elbe/Labe (gefördertes Dissertationsvorhaben, Universität Magdeburg)
Zum geplanten Forschungsaufenthalt am Institut für Ethnologie der Tschechischen Akademie der Wissenschaften in Brno/Brünn.
Mit dem Forschungsaufenthalt am Ethnologischen Institut in Brno verfolge ich mehrere Teilziele, deren Realisierung zweifellos zu einem tiefer reichenden Erschließen der Thematik tschechisch-deutscher Verständigungsarbeit beiträgt.
Ein erstes wesentliches Anliegen ist es, meine Kenntnisse zu Beiträgen tschechischer Wissenschaftler zu Diskursen der Grenzraumforschung zu erweitern. Da die Grenzraumforschung in den 1970er und 1980er Jahren insbesondere von Ethnologen - gerade auch in Brno - sehr rege betrieben wurde, werde ich mir speziell an der Bibliothek des Ethnologischen Instituts diesbezüglich neues Wissen erarbeiten. Darüber hinaus möchte ich auch die Chance zur Sichtung bzw. Auswertung tschechischsprachiger Fachveröffentlichungen in der Universitätsbibliothek bzw. der Moravská zemská knihovna nutzen, da derartige Literatur in Deutschland z.T. nur sehr schwer oder gar nicht verfügbar ist. Das Literatur- und Quellenstudium bildet die Grundlage für die Realisierung eines zweiten Teilziels. Während des Aufenthalts in Brno möchte ich sowohl eine Abhandlung zum aktuellen Stand der Grenzraumforschung verfassen als auch ein bereits vorliegendes ethnografisches Kapitel partiell erweitern. In beiden zu bearbeitenden Passagen geht es in Hinblick auf das meiner Arbeit zu Grunde liegende nordböhmische Grenzland maßgeblich um die Erarbeitung einer vergleichenden Perspektive. Mit den Stichworten Schwerindustrie, Umweltverschmutzung und Vertreibung/Neubesiedlung lassen sich Charakteristika bzw. Ereignisse umreißen, die in der Vergangenheit das nordböhmische Grenzland zeichneten und auch gegenwärtig noch über eine nicht unerhebliche Wirkmacht auf Aktivitäten interkulturellen Brückenbaus verfügen.
Aus diesem Grunde ist es eine der vordringlichen Aufgaben des Forschungsaufenthalts, die benannten Hindernisse genauer zu hinterfragen und vergleichend in ein Gesamtbild des Gefüges tschechischer Grenzregionen einzuordnen. Ich halte es somit für unverzichtbar, spezifische Charakteristika der nordböhmischen Region vor dem Gegenhorizont anderer Grenzräume der Tschechischen Republik aufzuzeigen. Für die Bearbeitung dieser Aufgabenstellung ist die räumliche Nähe Brnos zur Südgrenze Tschechiens von Vorteil ebenso wie der Umstand, dass die Region - ähnlich wie Nordböhmen - bis gegen Ende des Zweiten Weltkrieges Siedlungsgebiet der deutschen Minderheit war.
Jana Berthold M.A.
Institut für Soziologie der Otto-von-Guericke Universität Magdeburg