Sonderfonds Östliches Europa
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Tagung: Pop the Nation! Das Nationale als Ressource und Argument in Kulturen populärer Unterhaltung und Vergnügung

Pop the Nation! Das Nationale als Ressource und Argument in Kulturen populärer Unterhaltung und Vergnügung

Tagung der dgv-Kommission „Kulturen populärer Unterhaltung und Vergnügung“

München, 19.–21. Februar 2020

Austragungsorte: Institut für Empirische Kulturwissenschaft und Europäische Ethnologie an der LMU; Junges Kolleg, Bayerische Akademie der Wissenschaften

Organisation: PD Dr. Marketa Spiritova; PD Dr. Manuel Trummer

Die „Wiederentdeckung des Nationalen“ als Ressource populärer Identitätspolitiken hat die Unterhaltungs- und Vergnügungskulturen und ihre Medien auf breiter Ebene erfasst. Diese Entwicklung korrespondiert mit der zunehmenden politischen Polarisierung gegenwärtiger Gesellschaften und dem Erstarken nationalkonservativer Politiken. So ist aktuell nicht nur eine höhere Sichtbarkeit linken/linksliberalen Protests („Wir sind mehr!“) zu beobachten, sondern auch eine intensive Vereinnahmung der Pop(ulär)kultur durch die Neue Rechte („Nipster“, „IBster“). Besonders in den Ländern des östlichen und südöstlichen Europa sind rechtsnationale, geschichtsrevisionistische, antisemitische, antiziganistische und homophobe Tendenzen längst auch Teil des popkulturellen Mainstreams geworden. Hier zählen populärkulturelle Angebote mittlerweile zu den festen Instrumenten einer nationalistischen Politik. Der turbofolk der 1980er und 1990er Jahre, der als „music of the war“ in die Musikgeschichte Jugoslawiens einging, der Massenerfolg der ungarischen Rechtsrock-Band Kárpatiá oder die Allianz zwischen Hip Hop und polnischer Geschichtspolitik illustrieren dabei die hohe Wirkmacht nationaler Bilder, Mythen und Erzählungen in Musik, TV, Kino und (Computer-)Spielen.

Diesem komplexen Schnittfeld von populären Kulturen und Nationalem widmete sich die unter anderem vom Georg R. Schroubek Fonds geförderte internationale Konferenz Pop the Nation! Das Nationale als Ressource und Argument in Kulturen populärer Unterhaltung und Vergnügung. Der Blick richtete sich dabei auf die herausragende Rolle der Unterhaltungs- und Vergnügungskulturen im Kontext identitätspolitischer Kontexte. Dabei gingen wir davon aus, dass Kulturen der populären Unterhaltung und Vergnügung in ihrer sinnlich-körperlichen Wahrnehmbarkeit, strategisch-kommerziellen Bedingtheit und oft spektakulären Visualität über ungewöhnlich hohe emotionale Qualitäten verfügen, weswegen gerade hier ein besonders herausragendes politisches Mobilisierungspotential zu vermuten steht. Über das Argument „Nation“ reproduzieren und ästhetisieren Popmusik, Kino, Fernsehen und (Video)Spiele gesellschaftspolitische Entwicklungen. Sie produzieren über geteilte Wissensbestände und Identifikationsangebote selbst (imaginierte) Zugehörigkeiten. Indem populäre Kulturen so mit dem oft mythisch-vagen und affektiv konturierten Argument des „Nationalen“ Grenzen zwischen dem Eigenem und dem Fremden markieren, strukturieren sie kulturelle Prozesse und Gesellschaften grundlegend, schaffen imaginäre Gemeinschaften und zeigen akute Konflikte an. Die globale Mediascape der populären Kulturen zeigt sich so zunehmend von nationalen, traditionalen und regionalen Partikularismen geprägt, denen eine Vielzahl divergierender kultureller Bedeutungen zukommt.

Ausgehend von diesen Überlegungen diskutierten Kulturwissenschaftler*innen, Soziolog*innen, Historiker*innen und Medienwissenschaftler*innen aus Deutschland, Österreich, der Schweiz und Polen über die „Nation als Ressource und Argument“ in populären Kulturen in Europa, China und den USA.

Wir danken dem Georg R. Schroubek Fonds sehr für seine Unterstützung!

Marketa Spiritova und Manuel Trummer