Sonderfonds Östliches Europa
print


Navigationspfad


Inhaltsbereich

Michal Pavlasek: Forschnungsprojekt: Das Schicksal der tschechischen und deutschen Minderheiten im serbischen und rumänischen Banat

Michal Pavlásek: Forschungsprojekt: „Das Schicksal der tschechischen und deutschen Minderheiten im serbischen und rumänischen Banat. Lebensgeschichten der heutigen Einwohner in Videodokumenten“

Im Rahmen von zwei Forschungsreisen (Mai-Juli) konnte ich mit der finanziellen Unterstützung durch ein Leopold-Kretzenbacher-Stipendium mein Forschungsprojekt verwirklichen. Die erste Feldforschung führte ich selbst durch, zur zweiten lud ich Ethnologen aus der Tschechischen Akademie der Wissenschaften in Brünn ein. Mit audiovisueller Technik wurden in den Gebieten Clopodia, Groß Sredischte, Bela Crkva, Kruščica und Češko Selo Interviews zum Thema tschechisch-deutsches Zusammenleben aufgenommen. Die Koexistenz begann in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, als ins historische Gebiet des südlichen Banats, das schon vom (nicht nur) deutschen Ethnikum kolonisiert war, die Kolonisatoren tschechischer Herkunft kamen. In vielerlei Hinsicht war die Kolonisierung dieser zwei Ethnien ähnlich, beide ethnische Gruppen beeinflussten einander stark. Ein wichtiger gemeinsamer Aspekt war ihre katholische Konfession. Eine grundlegende Erkenntnis der realisierten Forschung ist die Signifikanz der gemeinsamen Konfession, die als wichtiger Identifikationsaspekt wirkte.

Die Koexistenz der Deutschen und Tschechen im serbischen und rumänischen Banat führte oft zu kulturellem Austausch, später auch zur Akkulturation und in einigen Fällen zur Assimilation. Im Fall der Banater Tschechen im Dorf Groß Sredischte kam es zur Assimilation dortiger Katholiken mit einer größeren Gruppe der Deutschen, und im Ort Clopodia lebte sich eine Gruppe reformierter Katholiken ein. Beide Assimilationsprozesse vollzogen sich im Rahmen einer Konfessionsgemeinschaft – die kulturellen Änderungen ergaben sich durch den Besuch derselben Schule und Kirche. Das Schicksal der Deutschen in beiden Dörfern wurde von ihrer Deportation ins Sammellager im Jahr 1944 beeinflusst, wo sie, mündlichen Aussagen zufolge, bis 1947 blieben. Dann gingen sie nach Deutschland. In den tschechischen Dörfern Kruscica und Cesko Selo lebten zwar keine Deutschen, im Gedächtnis dortiger Erzähler blieben allerdings viele Erinnerungen an tschechische Bewohner, die in deutschen Weinbergen für deutsche Arbeitgeber in der Umgebung der Stadt Bela Crkva arbeiteten.

Während der Forschung wurden über 20 Stunden audiovisuellen Materials aufgenommen. In der Postproduktion entstehen ein Filmdokument und eine Studie, die in einer Fachzeitschrift erscheint.

Die Feldforschung bietet eine wunderbare Grundlage für weitere Studien zur Koexistenz-Problematik von Tschechen und Deutschen im serbischen Banat und der daraus folgenden Prozesse.

Mgr. Michal Pavlásek dankt für die finanzielle Unterstützung durch das Leopold-Kretzenbacher-Stipendium.