Sonderfonds Östliches Europa
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Piritta Kleiner: Identitäten und Lebenswelten jüdischer Erwachsener der Dritten Generation in Deutschland und Litauen – ein Vergleich (Dissertationsprojekt)

Seit dem Holocaust in Litauen sind bereits mehr als 60 Jahre vergangen, doch erst jetzt beginnt sich das Land allmählich mit diesem Teil seiner Geschichte auseinanderzusetzen. Unter der kommunistischen Herrschaft waren die Beschäftigung mit der Ermordung der Juden und die Pflege des jüdischen Erbes tabu. Weder die jüdischen noch die nichtjüdischen Litauer konnten sich bis zur Unabhängigkeit Litauens 1991 mit der Aufarbeitung des Holocausts befassen.

Es stellt sich daher die Frage, wie sich die spezifische litauische Vergangenheit mit Vilnius als „Jerusalem des Nordens“ und die postsozialistische Gegenwart auf die Identitäten und Lebenswelten der jüdischen Bevölkerung in Litauen auswirken. Litauen, am Beispiel der Stadt Vilnius, soll dem jüdischen Leben in Deutschland am Beispiel Münchens gegenübergestellt. Es stellt sich die Frage, wie sich deutsch-jüdische Identitätscollagen bei Zugehörigen der Dritten Generation (nach dem Holocaust) im Vergleich zu litauisch-jüdischen Selbstbildern gestalten. Die Untersuchung soll aufdecken, wie die unterschiedlichen Sozialisationsbedingungen – demokratische und sozialistische Vergangenheit – die heutigen Lebenswelten der Betroffenen beeinflussen. Die geplanten Befragungen sollen in vielerlei Hinsichten Klarheit verschaffen:  Heißt Jüdisch-Sein für junge Leute in Deutschland und Litauen das Gleiche? Welche Rolle spielt der Habitus einer Stadt und welche Bedeutung bekommen jüdische Räume, etwa jüdische Vereine, Museen oder die Jüdische Gemeinde?

Nach Möglichkeit sollen auch litauische Juden der dritten Generation in der Diaspora mit einbezogen werden: Wie wirkt sich die Migration von Ost nach West – etwa von Vilner Juden nach Amerika oder Israel – auf Lebenswelt und Identität aus bzw. welche Rolle spielt Litauen noch für die Identitätsbildung?